Irrtümer im Arbeitsrecht: Zwischenzeugnis auf Verlangen
München – Gesetzliche Regelungen, tarifliche Bestimmungen und Betriebsvereinbarungen – das Arbeitsrecht ist für Arbeitnehmer nicht immer leicht durchschaubar. So halten sich mitunter hartnäckig manche Irrtümer über die Pflichten von Arbeitgebern und die Rechte von Angestellten. Dr. Martin Kupka und Atilla Graf von Stillfried von der Münchner Kanzlei Rechtsanwälte Kupka & Stillfried bringen Licht in gängige Streitfragen – und klären im dritten und letzten Teil unserer aktuellen Serie auf zum Thema Arbeitszeugnis.
Haben Arbeitnehmer jederzeit Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?
„Im Gegensatz zum Arbeitszeugnis bei Beschäftigungsende ist ein grundsätzliches Recht auf ein Zwischenzeugnis nicht im Gesetz verankert“, so der Münchner Arbeitsrechtler Martin Kupka. „Die Rechtspraxis hat jedoch gezeigt, dass der Arbeitgeber in bestimmten Fällen der Forderung nach einem Zwischenzeugnis nachkommen muss, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung ist.“ Auch eine Versetzung in eine andere Abteilung oder der Wechsel des Aufgabengebiets, zum Beispiel wegen Beförderung, rechtfertigen die Forderung nach einem Zwischenzeugnis. Der Wechsel des direkten Vorgesetzten oder eine längere Auszeit wie die Elternzeit oder ein Sabbatical stellen ebenfalls triftige Gründe dar. Außerdem ist die Bitte auch dann legitim, wenn das Arbeitsverhältnis bereits mehrere Jahre besteht und während dieser Zeit keine Beurteilung der Mitarbeiter stattgefunden hat. „Wem sich ein passender Anlass für ein Zwischenzeugnis bietet, der sollte diese Möglichkeit auf jeden Fall wahrnehmen“, rät Martin Kupka, Fachanwalt für Arbeitsrecht in München. Denn oft weiß man erst hinterher, ob der neue Vorgesetzte die eigene Arbeitsleistung ebenso positiv beurteilt wie sein Vorgänger oder ob sich die Strukturen während der persönlichen Auszeit geändert haben. Übrigens haben Zwischenzeugnisse eine sogenannte „Bindungswirkung“: „Wenn der Arbeitnehmer bereits einige Jahre unter einem Vorgesetzten gearbeitet hat und dieser ihm erst kürzlich ein positives Zwischenzeugnis ausgestellt hat, muss die Wertung im Austrittszeugnis ähnlich ausfallen“, weiß Kupka. Es sei denn, der Arbeitnehmer hat sich seit dem letzten Zwischenzeugnis etwas Gravierendes zu Schulden kommen lassen.
Quelle: Rechtsanwälte Kupka & Stillfried/HARTZKOM