Die Bundesregierung hat auf dem G-20-Gipfel in Cannes ein noch größeres Engagement für die Euro-Rettung abgelehnt. Wie am Wochenende gekannt wurde, gab es Überlegungen, die Devisenreserven der Bundesbank und anderer Zentralbanken heranzuziehen, um den Rettungsschirm EFSF noch mal schlagkräftiger zu machen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass in Cannes darüber gesprochen worden ist. “Von deutscher Seite ist dieser Vorstoß abgelehnt worden”, teilte er mit.
Seibert reagierte damit auf Zeitungsberichte. Er erklärte, von einigen Teilnehmen des Gipfels in Cannes sei die Frage aufgeworfen worden, “ob Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Steigerung der Effizienz der EFSF in Betracht kommen”. Diese Sonderziehungsrechte sind eine Art Kunstwährung des IWF. Sie stehen für die finanziellen Ansprüche der Einzelstaaten gegenüber dem IWF und werden zu den Währungsreserven der Notenbanken gezählt.
Mehrere Sonntagszeitungen berichteten, die Vorschläge seien unter anderem von US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premierminister David Cameron und des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gekommen. Es soll um Sonderziehungsrechte im Umfang von 50 bis 60 Milliarden Euro gegangen sein. Der deutsche Anteil hätte rund 15 Milliarden betragen.
Veto der Bundesbank
Hintergrund sind offenbar Sorgen, dass der EFSF demnächst auch Italien unter die Arme greifen muss und dafür auch die auf letzten EU-Gipfel beschlossenen “Ertüchtigungen” nicht ausreichen. Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” und die “Welt am Sonntag” berichteten, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe das Ansinnen ihrer Gipfelpartner abgelehnt, nachdem der Chef der unabhängigen Bundesbank, Jens Weidmann, sein Veto eingelegt habe. Mit einer solchen Zusage hätte Bundesregierung womöglich ihre Zusage verletzt, dass die deutschen Garantien für den EFSF 211 Milliarden nicht überschreiten werden.
“Die Goldreserven standen nicht zur Diskussion”
Eindeutig dementierte Seibert die Darstellung, es sei in Cannes auch um den Goldschatz der Bundesbank gegangen. “Die von der Bundesbank verwalteten Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland standen bei dem G-20- Gipfel in Cannes zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion.”
Bislang müssen Schritte des EFSF zur Euro-Rettung vom Bundestag abgesegnet werden. Dafür ist ein eigenes Gremium geschaffen worden, das eilbedürftige oder besonders vertrauliche Entscheidungen anstelle des Haushaltsauschusses oder des Plenums treffen sollte. Eine Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat dieses Gremium vorerst gestoppt. Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle sagte nun dem Nachrichtenmagazin “Focus”, das Gericht wolle in der Hauptsache bis Weihnachten entscheiden. “Unser Ziel ist es, dass bei den Entscheidungen über den Euro-Rettungsschirm im Bundestag fester Grund vorhanden ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine klare rechtliche Lösung finden”.