Düsseldorf (ots) – A.T. Kearney-Studie zeigt, wie Lebensmittelhändler den Trend nutzen und Online-Kunden gewinnen können
Verbraucher in Deutschland, Österreich und der Schweiz kaufen ihre Lebensmittel immer häufiger im Internet. Im Vergleich zu 2011 ist der Anteil der deutschen Verbraucher, die Online-Food-Retailing-Angebote nutzen, von 18 auf 27 Prozent angestiegen. Allerdings resultiert dieser Zuwachs primär aus Gelegenheitskäufern; wiederkehrende Konsumenten sind in diesem Segment noch selten. Insgesamt wird der deutsche Online-Food-Markt im Jahr 2012 auf 370 Millionen Euro geschätzt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine empirische Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney in Zusammenarbeit mit Teams der Universität zu Köln, der Universität St. Gallen und der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Befragung zeigt zudem: Die Deutschen schätzen am Online-Angebot vor allem die Nach-Hause-Lieferung (38 Prozent). Noch attraktiver fänden sie den Online-Einkauf, wenn sie die Produkte vor Entgegennahme kontrollieren oder ablehnen könnten (je rund 80 Prozent). Der Grund dafür, dass das Online-Angebot in Deutschland nicht genutzt wird, liegt in der Hauptsache in der Zufriedenheit mit bestehenden Einkaufsmöglichkeiten (66 Prozent) und dem Zweifel an der Qualität und der Frische der Produkte (55 Prozent). Um vom wachsenden Online-Food-Markt zu profitieren, kommt es für Lebensmitteleinzelhändler vor allem darauf an, Operations zu stärken, die Kundengewinnung zu verbessern und die Kundenbindung zu erhöhen.
Der Online-Handel mit Lebensmitteln wächst. Das belegt eine empirische Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney in Zusammenarbeit mit Teams der Universität zu Köln, der Universität St. Gallen und der Wirtschaftsuniversität Wien. Dazu wurden im Zeitraum Mai bis Juli 2013 insgesamt rund 2.900 Verbraucher befragt, davon 1.410 in Deutschland, 617 in der Schweiz und 908 in Österreich. Während bei der letzten Untersuchung in Deutschland (2011, 700 Teilnehmer) 18 Prozent der Befragten angaben, Online-Food-Retailing-Angebote zu nutzen, stieg diese Quote bis 2013 auf 27 Prozent. In der Schweiz liegt der Anteil bei 30 Prozent, in Österreich bei 18 Prozent aller Verbraucher.
Dr. Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereichs Konsumgüterindustrie und Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz, erläutert: „Zweifelsfrei wächst die Marktdurchdringung für Online-Food-Retailing. Der Zuwachs resultiert allerdings in erster Linie aus Probekäufen. Nur ein deutlich geringerer Teil der Konsumenten hat den Online-Kanal in sein regelmäßiges Einkaufsverhalten integriert. Kunden in Stammkunden zu verwandeln, ist in diesem Zusammenhang eine der größten Herausforderungen für Online-Lebensmittelhändler.“ Lediglich fünf Prozent der befragten Deutschen, vier Prozent der Österreicher und elf Prozent der befragten Schweizer kaufen wiederkehrend Lebensmittel im Internet.
Marktanteil in Deutschland von 0,2 auf 0,3 Prozent gestiegen
Insgesamt wird der deutsche Online-Food-Markt im Jahr 2012 auf 370 Millionen Euro geschätzt. Das entspricht einem Online-Marktanteil von etwa 0,3 Prozent gegenüber 0,2 Prozent im Jahr 2011.
Ein Drittel aller befragten Männer hat schon einmal Lebensmittel im Internet bestellt, bei den Frauen sind es nur 23 Prozent. Der Anteil der Online-Shopper ist in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen mit 35 Prozent am höchsten, gefolgt von 30 Prozent bei den 35- bis 44-Jährigen. Keine Rolle spielt der Kauf von Lebensmitteln im Internet derzeit für die deutschen Senioren. „Generell gilt analog zum Online-Handel mit Non-Food-Produkten: Je älter, desto geringer der Anteil derjenigen, die Lebensmittel online kaufen“, so Warschun.
Deutsche Verbraucher schätzen am meisten Nach-Hause-Lieferung
Mit 38 Prozent der Antworten rangiert die Nach-Hause-Lieferung an der Spitze der Motive, warum die deutschen Verbraucher Lebensmittel online kaufen. Auf den weiteren Plätzen folgen Neugierde (33 Prozent), attraktive Preise (27 Prozent) und Zeitersparnis (25 Prozent). Im Gegensatz zu vielen Non-Food-Warengruppen spielen Promotions und andere Werbeaktionen eine untergeordnete Rolle.
Bei der Frage, wie die Attraktivität des Online-Lebensmittelhandels gesteigert werden kann, ist das Votum eindeutig: Je rund 80 Prozent der Befragten nannten die Möglichkeit, die Produkte vor Entgegennahme kontrollieren beziehungsweise ablehnen zu können. Skepsis gegenüber der Produktqualität zeigt sich zudem in dem Wunsch von 72 Prozent der Befragten, bei einem von ihnen geschätzten Händler bestellen zu können. Von den führenden Lebensmitteleinzelhändlern bietet bisher lediglich EDEKA einen deutschlandweiten Lieferservice an. Versandkostenfreie Probebestellungen könnten die Konsumenten ebenfalls dazu animieren, verstärkt online einzukaufen, so das Feedback von 80 Prozent der Befragten.
Größte Hürde: Zufriedenheit mit bestehenden Einkaufsmöglichkeiten
Auch wenn die Marktdurchdringung steigt, so besteht in den drei untersuchten Ländern nach wie vor signifikantes Potenzial. Schließlich haben 70 bis 82 Prozent der Befragten noch nie Lebensmittel im Internet bestellt. Häufigster Grund ist die Zufriedenheit mit bestehenden Einkaufsmöglichkeiten (66 Prozent in Deutschland). Für die deutschen Konsumenten sind zudem mit Abstand am bedenklichsten: Die mangelnde Sicht- und Fühlbarkeit der Produkte (60 Prozent), die damit verbundene unsichere Produktqualität (55 Prozent) sowie die fehlende sofortige Nutzbarkeit der Produkte (45 Prozent).
„How to win in Fresh?“
In der „Offline-Welt“ spielt der Faktor Frische für Verbraucher bei der Auswahl des Supermarktes eine entscheidende Rolle. Er folgt an zweiter Stelle hinter dem Preis-Leistungs-Verhältnis und vor der Nähe beziehungsweise Erreichbarkeit der Filiale. Das spiegelt sich auch im Internethandel wider, da Onlinekunden dort bei Frischeprodukten deutlich weniger kaufbereit sind.
In Deutschland gaben 67 Prozent der Befragten an, dass sie sich genaue Angaben über Herkunftsland, Produzenten und Nährwerte der Frischeprodukte wünschen. Warschun erklärt: „Händler könnten die Tatsache für sich nutzen, dass sich im Internet eine übersichtliche Verknüpfung von Produkt- und spezifischen Informationen viel leichter umsetzen lässt als im Supermarkt. Anders als in der Offline-Welt, in der Investitionen in Bildschirme und Ähnliches anfallen, kann man im Internet Informationen nur einen Klick entfernt verfügbar machen, aktualisieren und an das aktuelle Angebot anpassen. Darüber hinaus lässt sich mittels intelligenter Up- und Cross-Selling-Maßnahmen der Durchschnittsbon erhöhen.“
Steigende Suchanfragen für Online-Food
Das steigende Interesse an Online-Food-Angeboten spiegelt sich auch im Google-Suchverhalten der Konsumenten wider. Die Google-Suchkategorie „Online grocery shopping“, die eine Vielzahl von Schlagwörtern rund um das Thema beinhaltet, verzeichnete zwischen 2009 und 2012 im deutschsprachigen Raum ein signifikantes Wachstum von rund 17 Prozent jährlich.
Wie Retailer profitieren können
Händlern bietet sich ein breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten, um im World Wide Web nachhaltig erfolgreich zu sein: Im Mittelpunkt stehen effiziente Operations, Kundengewinnung und Kundenbindung.
Effiziente Operations: Die Wahl des richtigen Geschäftsmodells und seine kontinuierliche Verbesserung sind entscheidend, um Kosten zu optimieren und das Online-Geschäft profitabel zu betreiben. Je nach Umfang des Online-Volumens sind bestimmte Lösungen besonders geeignet. Bei einer geringen Anzahl an Online-Bestellungen ist die filialbasierte Selbstabholung aufgrund geringer Fixkosten die günstigste Lösung. Etwa ab einer vierstelligen Orderanzahl pro Woche werden Zentrallagerlösungen aufgrund des höheren Automatisierungsgrades und somit geringerer Personalkosten vorteilhafter.
Kundengewinnung: Online-Food-Retailer müssen den Mehrwert ihres Angebotes breiter und deutlicher kommunizieren. Außerdem kann ein deutliches Preisversprechen im Online-Kanal überzeugen. Möchten Online-Food-Retailer zu einer ernsthaften Alternative zum stationären Handel werden, müssen sie vor allem in den Frischekategorien das Vertrauen der Verbraucher gewinnen. Eine transparente und effiziente Supply Chain, kulante Rückgabe- und Produktauswahlmöglichkeiten sowie ein umfangreiches Informationsangebot zu den angebotenen Produkten können helfen, die gegenwärtigen Barrieren zu beseitigen. Um Einkäufe zu stimulieren, bedarf es des Weiteren eines überzeugenden Kundenbewertungssystems.
Kundenbindung: Den wenigsten Händlern ist es bislang gelungen, die Probekäufer in langfristig treue Kunden umzuwandeln. Tesco hat beispielsweise ein umfangreiches Treueprogramm und damit verbundene Kundenprofile entwickelt, die Online- und Offline-Einkäufe miteinander verknüpfen. Hilfreich ist außerdem eine Wunschlistenfunktion, wie sie zum Beispiel bei Marks & Spencer existiert. Eine solche Funktion kann sicherstellen, dass das Sortiment fortlaufend und nachhaltig an die Kundenbedürfnisse angepasst wird.