München – Die anhaltend gute Konjunkturlage und der Nachholbedarf bei Investitionen in den Infrastrukturausbau bieten in Deutschland eine attraktive Ausgangslage für Bauunternehmen aus dem In- und Ausland. Wie der Deloitte-Report „European Powers of Construction 2016″ zeigt, findet sich zwar nur ein einziges deutsches Unternehmen unter den Top 50 der börsennotierten oder kapitalmarktorientierten Konzerne, das Land selbst aber profitiert von seinem Bauboom und davon, dass sich zahlreiche Anbieter um Aufträge bewerben. Der Konkurrenzdruck ist groß, sodass die Bauunternehmen im Hinblick auf Wachstum und Profit trotz der guten Nachfrage nur langsam zulegen. Die Gesamtumsätze und die Marktkapitalisierung der 20 größten europäischen Anbieter fielen 2016 im Vergleich zum Vorjahr sogar geringfügig. Nur acht Top-20-Unternehmen konnten ihren Ertrag steigern. Mittelständische Unternehmen der Bauwirtschaft konnten die positiven Impulse tendenziell deutlich besser nutzen. Insgesamt sieht die Branche optimistisch in die Zukunft, weil die Nachfrage nach Immobilien wächst und die Investitionen in den meisten europäischen Staaten wieder steigen.
„Deutschland ist der europaweit größte und attraktivste Markt für Anbieter der Baubranche. Entsprechend hoch sind die absoluten Kennzahlen und die Investitionen. 2016 stiegen sie gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent. In diesem Jahr soll die Branche um 2,3 Prozent zulegen, 2018 wieder um 2,7 Prozent wachsen“, erklärt Franz Klinger, Partner Real Estate & Construction bei Deloitte.
Erträge fielen 2016
Die zusammengerechneten Erträge der im Rahmen des Reports erfassten Unternehmen erreichten 2016 genau 294,618 Milliarden Euro – und lagen damit 2 Prozent niedriger als 2015. An der Börse fiel der Wert im Betrachtungsjahr um 5 Prozent auf 155,353 Milliarden Euro. Dabei sorgte vor allem die positive Entwicklung von in Frankreich, Schweden und Österreich ansässigen Konzernen für einen gewissen Ausgleich zur Negativperformance der britischen Wettbewerber (- 33%).
Franzosen dominieren nach wie vor
In den Top 100 sind die Briten mit 13 Unternehmen am häufigsten vertreten, gefolgt von Spaniern und Schweden. Die größten Konzerne kommen jedoch aus Frankreich – französische Anbieter besetzen Platz eins, drei und fünf der Top 10. In den Top 50 verzeichnen die Franzosen die höchsten Umsätze und weisen die höchste Marktkapitalisierung auf. An Nummer zwei stehen in dieser Hinsicht die Spanier. Einziger deutscher Vertreter in der Liga börsennotierter Bauunternehmen ist die Bauer Aktiengesellschaft.
EPoC Top 5 und einziger deutscher Vertreter in den Top 50
Antizyklische Investitionen auch in Deutschland?
Neben Deutschland sind Frankreich und Großbritannien die größten europäischen Märkte. Zusammen halten sie 54 Prozent aller Investitionsanteile. In Deutschland betrugen die Investitionen etwa 310 Milliarden Euro – immerhin 53 Milliarden mehr als beim zweitplatzierten Frankreich. Bemerkenswerterweise zeigte sich im Betrachtungszeitraum eine negative Korrelation von Investitionen und BIP-Wachstum, was die verbreitete Annahme zu widerlegen scheint, dass entsprechende Investments in der Regel prozyklisch sind.
Finanzielle Performance mit Licht und Schatten
Auch wenn die Gesamterträge um 5 Prozent und die Marktkapitalisierung um 4,5 Prozent zurückgingen, gibt es positive Ergebnisse zu vermelden. Die Nettogewinne wuchsen um 17 Prozent, sodass die einzelnen Unternehmen ihre finanzielle Situation stabilisieren bzw. die Verschuldung reduzieren konnten. Das operative Ergebnis aus dem Kerngeschäft stieg um 2,8 Prozent, dasjenige aus anderen Aktivitäten um 12,6 Prozent, woraus sich eine durchschnittliche Marge von 5,4 Prozent ergibt.
„Deutschland nimmt in der europäischen Baubranche eine Sonderrolle ein und ist eines der Zugpferde des Marktes: Nachdem die Investitionsquote in den Jahren 2008 bis 2013 deutlich unter derjenigen fast aller anderen bedeutenderen Länder lag, wird der Investitionsstau seitdem zielstrebig abgebaut. Hiervon profitieren natürlich auch zahlreiche nicht im Ranking gelistete, aber dennoch umsatzstarke deutsche Mittelständler und nicht nur die Branchenriesen“, ergänzt Klinger.
Quelle: Deloitte