München – Zum Zeitpunkt einer Übernahme geht die Mehrzahl der Unternehmen von zu hohen Einsparpotenzialen aus. Dies zeigt ein Vergleich der bei M&A-Transaktionen erwarteten Synergieeffekte mit den Ist-Daten von mehr als 22.000 Unternehmen. Die Studie „Why some merging companies become synergy overachievers“ der internationalen Managementberatung Bain & Company zeigt auf, woher diese Fehleinschätzungen rühren, welche Branchen besonders anfällig sind und wie Unternehmen geplante Synergien auch wirklich heben können.
Werden Manager nach den Gründen für Schwierigkeiten und Enttäuschungen nach einer Übernahme gefragt, verweisen sie oft auf unerfüllte Erwartungen in puncto Synergien. Einer aktuellen Bain-Umfrage zufolge haben lediglich Fehler in der Due Diligence noch gravierendere Folgen. Bislang herrschte die Meinung vor, dass Unternehmen hohe Synergieeffekte vor allem zur Rechtfertigung des Kaufpreises nutzen. Doch in Wahrheit können sie diese oftmals vorab nicht genau beziffern – und überschätzen sie daher tendenziell.
Dies belegt ein Abgleich der in M&A-Meldungen genannten Synergieeffekte mit den jeweiligen Skalenkurven und damit den tatsächlichen Zusammenhängen zwischen zunehmender Größe und Kostenstruktur in verschiedenen Branchen, basierend auf einer Datenbank von SAP und FactSet Research System mit Informationen zu rund 22.000 Unternehmen. In den meisten Branchen sind die erwarteten Synergien mehrheitlich höher als die üblichen Größenvorteile in der Branche. Sieben von zehn Unternehmen überschätzen die Kostensynergien und andere Vorteile einer M&A-Transaktion. Lediglich fünf Prozent zeichnen von Beginn an ein realistisches Bild, weitere 20 Prozent stapeln zu tief.
Rund 80 Prozent der Banken und Fertigungsbetriebe erwarten zu viel
Zu optimistisch geben sich insbesondere Banken und produzierende Unternehmen. Rund 80 Prozent überschätzen die Synergiepotenziale einer M&A-Transaktion. In der Telekommunikationsbranche ist das nur bei rund 40 Prozent der analysierten Übernahmen der Fall. Dabei erwartet die von Fixkosten geprägte TK-Branche besonders hohe Synergieeffekte. Am anderen Ende des Branchenvergleichs steht der Einzelhandel. Seine dezentrale Struktur verbietet es, bei Übernahmen zu stark auf Größenvorteile zu setzen.
„Den meisten Unternehmen fehlt bei einer Übernahme ein klares Verständnis, in welchem Maß und in welcher Form sie von der neuen Größe profitieren können“, betont Dr. Dirk Vater, Partner bei Bain & Company und verantwortlich für die M&A-Praxisgruppe im deutschsprachigen Raum. „Sie setzen sich oft zu ambitionierte Ziele. Damit sind spätere Enttäuschungen programmiert.“
Einigen Unternehmen gelingt es indes, von Beginn an mit realistischen Zielen zu arbeiten und diese sogar zu übertreffen. Die Bain-Studie verweist unter anderem auf den weltweit größten Brauereikonzern ABInBev, der 2008 aus dem Zusammenschluss von Anheuser-Busch und InBev entstanden ist. Innerhalb von drei Jahren stieg das EBITDA von ABInBev durch Synergieeffekte um 17 Prozent – im Durchschnitt können Konsumgüterhersteller ihr EBITDA nach einer Transaktion lediglich um drei Prozent verbessern.
Wie Unternehmen hohe Synergien heben können
Der Erfolg von Unternehmen wie ABInBev beruht in erster Linie auf drei Faktoren:
- Schon im Vorfeld des Abschlusses gilt es herauszuarbeiten, wo sich die größten Synergien heben lassen und Best-Practice-Ansätze maximale Wirkung zeigen.
- Benchmarkanalysen und die Kenntnis branchenspezifischer Skaleneffekte erlauben es von Beginn an, realistische Zielwerte zu nennen.
- Die Umbruchsituation bei einem Zusammenschluss ist zu nutzen, um Synergien zügig zu heben – wenn nötig unter Zuhilfenahme externer Kapazitäten.
„Heute sind M&A-Transaktionen integraler Bestandteil der Wachstumsstrategie vieler Unternehmen“, so Bain-Partner und M&A-Experte Vater. „Bei der Vorbereitung und Umsetzung von Übernahmen lässt sich aber noch einiges verbessern. Es geht vor allem darum, mögliche Synergien frühzeitig zu erkennen und konsequent zu nutzen.“
Quelle: ots