Das Problem fehlenden Finanzwissens in Deutschland ist von erheblicher ökonomischer und gesellschaftlicher Bedeutung. Politiker und Wirtschaftsverbände fordern seit Jahren mehr Wirtschaftsunterricht in Deutschlands Schulen. Eine Studie der Norton School of Family and Consumer Sciences der University of Arizona behauptet jedoch, das könne das Problem nur bedingt lösen. Die Rolle der Eltern sei weitaus wichtiger. Wenn diese aber ebenfalls nennenswerte Lücken im Finanzwissen aufweisen, wie können sie dann ihrem Nachwuchs etwas beibringen?
80 Prozent glauben, dass mehr Finanzwissen nötig ist
Ziel der finanziellen Allgemeinbildung ist es, das Individuum und den privaten Haushalt zu befähigen, sämtliche finanziellen Aspekte seiner Existenz sinnvoll und zu seinem Vorteil nutzen zu können, lautet eine gängige Definition. Die Redewendung „Geld regiert die Welt“, ist längst Realität geworden. Eigentlich sollten die Verbraucher Geld nutzen, um für sich ein sorgenfreies Leben zu gestalten. Scheinbar ist es aber eher andersherum: Das Geld „benutzt“ den Verbraucher. Ohne dringend benötigtes Finanzwissen entscheiden Verbraucher nach ihrem Bauchgefühl oder verlassen sich komplett auf den Berater. Beides kann fatale Folgen haben.
Finanzkundig sind die Deutschen nicht
Es gibt umfangreiche Studien, die schlüssig beweisen, dass mit Deutschland eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt weit verbreitet unter „Analphabetismus“ in Wirtschaftsfragen leidet. Eine desaströse Momentaufnahme:
- „In Deutschland geben mit 53 Prozent europaweit die meisten Menschen zu, keine Finanzbildung zu haben.“ (Studie ING/DiBa, Black Rock Inc.).
- „Über 80 Prozent der Studien-Teilnehmer erkennen, dass generell mehr Finanzbildung nötig wäre.“ (GfK-Studie)
- „Finanzwissen ist schließlich der Schlüssel zu fundierten Anlageentscheidungen.“ (Mark Lammers, Studienleiter bei TNS Infratest)
- „Lediglich 53 Prozent aller Befragten in Deutschland können drei recht simple Fragen zum Thema Geldanlage korrekt beantworten.“ (Journal of Economic Literature – JEL)
Das mangelnde Finanzwissen der Eltern ist das Problem
Wie die eingangs erwähnte Studie zeigt, können Schulen durchaus fundiert Finanzwissen vermitteln. Die Praxisnutzung hängt jedoch primär von den Eltern ab. Finanzwissen alleine reicht nicht, finanzielle Situationen im Alltag zu bewältigen. Es sollte Bestandteil des Familienlebens sein. Aber: Was ist mit den zahlreichen Eltern, denen eine finanzielle Allgemeinbildung fehlt? Es müssen attraktive Angebote geschaffen werden, sich weiterzubilden. Sonst bleibt es dabei: Verbraucher können einem “Beratungsgespräch“ nicht angemessen folgen und unterschreiben aus Scham oder weil der Berater doch „so nett ist“ potentiell unsinnige Abschlüsse. Die hohe Zahl an Fehlberatungen zeugt davon.
Ein Maßnahmenbündel schnüren
Eltern wieder zurück in die Schule schicken oder bundesweite, verpflichtende Kurse anzubieten, scheint wenig Erfolg zu haben. Es gibt einen moderneren Weg: Das Internet hat immer stärkeren Einfluss auf unser Alltagsleben gewonnen. Das hat viele Vorteile, können doch riesige Informationsmengen jederzeit und kostenlos genutzt werden. Genau das sollte auch als Chance für die Verbesserung der finanziellen Informationstiefe erkannt werden – aber unbedingt gepaart mit dem Faktor Mensch. Es gibt viele Einzelinitiativen, die unabhängig ermitteltes Wissen bereithalten. Als ein Beispiel sei die Privatinitiative praktizierender Finanzberater auf FinanzKun.de erwähnt, die ihr Wissen mit täglich mehreren Artikeln kostenlos dem bildungswilligen Verbraucher anbieten, und auch für vertiefende Fragen oder praxisgerechte Beratung zur Verfügung stehen.
Beispiel: Der Hauskauf als finanzieller Knackpunkt
Die ganze Dramatik mangelnder Entscheidungsgrundlagen wird in der aktuellen Niedrigzinsphase deutlich. Nahezu jeder Interessent kann sich rechnerisch eine Immobilie leisten. „Endlich zahle ich nicht mehr an den Vermieter …“ (…sondern an die Bank). Die beträchtlichen Gefahren einer Zinswende werden ausgeblendet. Verpflichtungszeiträume von nahezu 30 Jahren bringen aber mit Sicherheit wieder andere Zinssituationen. Die Immobilien- und Bankverkäufer sehen das anders, und reden die Probleme routiniert schön. Die wichtigste, wirtschaftliche Entscheidung im Leben wird für viele junge Familien möglicherweise zu einem Desaster. Nur ein wirtschaftliches Grundverständnis bewahrt vor solchen Fehlentscheidungen.
In Deutschland herrschen verlässliche demokratische Strukturen mit einem reichhaltigen Warenangebot. Insofern sind wir weit weg von einer Bananenrepublik. Betrachtet man jedoch das mangelnde Interesse breiter Bevölkerungsschichten an finanzieller Weiterbildung, fühlt man sich an mittelamerikanische Staaten des vergangenen Jahrhunderts erinnert, die nur von einem Produkt abhängig waren. Im Bereich Finanzbildung hat Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf.
Autor: Frank Frommholz
Quelle: Borgmeier Public Relations